Wer Kinder hat, kennt diese Momente: Die Zahnbürste wird wie ein Schwert geschwungen, das Gemüse verweigert wie ein mittelalterlicher Gifttrank, und aus dem harmlosen „Zieh dir bitte die Schuhe an“ wird ein 20-minütiger Verhandlungsmarathon. Spätestens dann taucht die Frage auf: Wer von uns beiden zieht jetzt die Grenze?
Und damit sind wir beim Thema: Wer ist bei euch eigentlich der strenge Elternteil?
Das Rollenspiel im Kinderzimmer: Cop vs. Cop
Bei uns daheim hat sich das irgendwie von selbst ergeben. Meine Frau ist eher der „Wir-regeln-das-mit-Gefühl-und-Logik“-Typ. Ich bin mehr der „Zähneputzen jetzt, Diskussion später“-Papa. Nicht, weil ich Bock auf Streit habe, sondern weil ich beim dritten „Aber warum?“ innerlich schon den Feierabendbier-Countdown höre.
Tatsächlich gibt es in fast jeder Familie diese Rollenverteilung: Einer ist strenger, der andere lässiger. Und das muss gar nichts Schlechtes sein – solange man sich nicht gegenseitig aushebelt. Wichtig ist nur, dass wir uns nicht gegenseitig untergraben – sonst nutzt der Nachwuchs diese Lücke schneller als du „Schlafenszeit“ sagen kannst.
Wenn Papa zum Spielverderber wird
„Frag Mama“ – diesen Satz höre ich oft. Und meistens heißt das: „Ich hoffe, Mama erlaubt mir das, weil Papa eh wieder ‚Nein‘ sagt.“ Ich geb’s zu: Ich bin nicht der lockerste, wenn es um Süßigkeiten kurz vor dem Abendessen oder noch ein Video mehr geht. Irgendjemand muss ja die rote Linie markieren.
Aber streng sein bedeutet ja nicht, spaßfrei durch den Alltag zu stiefeln. Es bedeutet auch, sich nicht davor zu scheuen, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Auch wenn der Nachwuchs dann mit hängender Unterlippe durchs Wohnzimmer zieht. Und mal ehrlich: Wir alle wissen, dass ein Nein nicht automatisch das Ende der Welt ist – auch wenn es für unsere Kids genau so klingt.
Streng zu sein bedeutet für mich, meinem Kind zu zeigen: Ich bin da, ich hab den Überblick – und ich meine es ernst, wenn ich etwas sage. Das schafft Sicherheit. Auch wenn’s manchmal eben anstrengend ist, weil man nicht der „coole Kumpel-Papa“ ist, sondern eher der, der das Tablet wegräumt und das Licht ausmacht.
Mama, die Diplomatin
Meine Frau macht das anders. Wenn sie „Nein“ sagt, klingt das irgendwie wie „Ja, aber mit Herz“. Sie erklärt, verhandelt, macht Angebote. Und meistens klappt das auch. Wenn ich es so versuche, endet das eher mit einem „Aber Mama hat gesagt…!“
Das ist auch okay. Denn Kinder brauchen beides: Klarheit und Verständnis. Grenzen und Nähe. Strenge und Kuscheleinheiten. Und ich glaube, genau das ist unser Job als Eltern: Nicht jeder für sich alles sein zu müssen, sondern gemeinsam ein gutes Team zu bilden.
Wir ergänzen uns. Wenn einer gerade nicht mehr kann – sei es wegen Schlafmangel, Jobstress oder schlicht weil man schon 27-mal „Nein“ gesagt hat –, springt der andere ein. Und das ist Gold wert. Denn auch die „strengen“ Elternteile brauchen mal Verstärkung.
Die ewige Balance zwischen Durchgreifen und Nachgeben
Was mir hilft: Mit meiner Frau vorher klären, wo unsere Grenzen liegen. Was geht klar, was geht gar nicht? So vermeiden wir diesen klassischen Eltern-Patzer: Einer sagt „Nein“, der andere „Ach, komm schon“. Zack, Autorität verspielt, Kind auf der Siegerseite.
Strenge muss nicht hart sein, aber konsequent. Und das ist manchmal verdammt anstrengend. Vor allem, wenn man selbst gerade einen langen Tag hatte, der Rücken zieht und das Kind mit Bambi-Augen um eine Gummibärchenverlängerung bittet. Das Herz sagt „ach komm schon“, aber der Kopf weiß: Wenn ich jetzt weich werde, hab ich morgen die doppelte Diskussion.
Ich habe gelernt, dass es hilft, sich bewusst Pausen zu gönnen – auch als Elternteil mit „strengerem“ Image. Mal das Regelwerk locker lassen, ohne sich gleich unglaubwürdig zu machen. Denn manchmal ist ein Nein nicht notwendig, sondern eher ein Reflex aus Gewohnheit.
Kinder spüren, wie der Hase läuft
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie schnell Kinder checken, wer wofür zuständig ist. Bei mir: Ordnung, Hausaufgaben, Bildschirmzeit. Bei Mama: Trösten, Basteln, verhandeln. Klar ist das vereinfacht, aber du weißt, was ich meine.
Das Schöne ist: Man kann das auch bewusst nutzen. Ich nehme mir inzwischen die Zeit, auch mal lässiger zu reagieren, einfach, um zu zeigen: Ich kann auch anders. Und meine Frau zieht manchmal klare Linien, auch wenn es ihr schwerfällt. Teamwork eben.
Und die Kids? Die merken das. Die spüren, wenn man sich als Eltern einig ist. Dann wird weniger diskutiert, weniger getrickst. Und plötzlich klappt’s sogar mit dem Zähneputzen, ohne dass jemand zur Generalversammlung im Bad aufrufen muss.
Kleine Anekdote gefällig?
Neulich: Mein Sohn (6) will abends noch ein Eis. Ich: „Heute nicht mehr, Schatz.“ Er: „Mama hat aber gesagt, wenn ich frage, darf ich vielleicht.“ Ich schau ihn an, er schaut mich an. Ich sage: „Und was glaubst du, sagt Papa?“ Er: „Hm… vielleicht morgen?“ – Na also, er lernt. Und ich auch: Es geht nicht darum, immer der harte Hund zu sein. Sondern ein verlässlicher.
Papa-Umfrage: Wie ist das bei euch?
Und jetzt kommst du ins Spiel: Wer ist bei euch der Strenge? Ist es klar verteilt? Wechselt das je nach Thema? Oder ist bei euch Anarchie mit Kuschelfaktor angesagt?
Erzähl uns von euren „Gute Cop, Böser Cop“-Momenten! Schreib einen Kommentar, teil deine Erfahrungen oder verrat uns, wie du das Thema Strenge in der Erziehung siehst. Vielleicht erkennst du dich ja wieder – oder hast einen ganz anderen Ansatz, der auch super funktioniert.
Denn eines ist sicher: Wir sitzen alle im gleichen Boot. Mal mit Ruder, mal mit Wassereimer. Aber hey, Hauptsache, wir paddeln gemeinsam. Und wenn wir ehrlich sind: Ein bisschen Chaos gehört zum Kurs.