Ein Einmachglas, ein paar bunte Zettel und ein bisschen Papa-Mut zur Improvisation – mehr braucht es nicht für eines der schönsten und persönlichsten Geschenke, das ich je mit meinen Kindern geteilt habe. Klingt simpel? Ist es auch. Und genau darin liegt der Zauber. In einer Welt voller blinkender Bildschirme und durchgetakteter Wochenpläne ist dieses Glas so etwas wie ein kleiner Leuchtturm der Entschleunigung.
Was ist das Wunschglas überhaupt?
Stell dir vor, du schenkst deinem Kind nicht einfach ein Spielzeug, das nach zwei Tagen in der Ecke liegt, sondern gemeinsame Zeit, verpackt in kleinen, liebevollen Ideen. Das Wunschglas ist im Grunde ein Behälter – bei uns ein altes Marmeladenglas –, das wir mit Zetteln füllen. Auf jedem steht ein Wunsch: ein kleiner Ausflug, eine besondere Papa-Zeit, ein witziger Blödsinn oder einfach nur eine Idee für gemeinsame Minuten, Stunden oder sogar Tage.
Es ist wie ein Kalender voller Vorfreude – nur ohne Druck. Und das Schönste: Jeder Zettel steht für einen Moment, in dem wir uns voll und ganz aufeinander konzentrieren.
Warum gerade dieses Geschenk?
Weil es nicht teuer ist, aber unbezahlbar. Weil es nicht laut blinkt oder Musik spielt, aber im Herzen nachklingt. Und weil es zeigt: Ich nehme mir Zeit für dich. Nicht irgendwann, sondern regelmäßig. Planbar. Greifbar. Einlösbar. Es ist kein einmaliger „Wow“-Moment unterm Weihnachtsbaum, sondern ein Geschenk, das immer wieder neue Kapitel schreibt.
Gerade in einem Alltag, in dem wir Eltern oft zwischen To-do-Listen und Terminen jonglieren, erinnert uns das Wunschglas daran, worum es wirklich geht: um echte Nähe. Um gemeinsame Erinnerungen, die nicht im Kalender stehen, aber im Herzen bleiben.
So kam das Wunschglas in unser Leben
Es war ein verregneter Sonntagnachmittag, die Stimmung irgendwo zwischen Lagerkoller und „Papa, mir ist laaaaangweilig!“. Ich hatte die Faxen dicke, ehrlich. Und irgendwo in den Tiefen meines Gedächtnisses tauchte dieses Wunschglas-Idee wieder auf, die ich mal auf irgendeinem Elternblog gelesen hatte. Improvisation ist ja eh meine heimliche Superkraft – also schnappte ich mir ein Glas, ein paar Filzstifte, Zettel, und los ging’s.
Die Kids fanden die Idee sofort klasse. Sie sprudelten nur so vor Einfällen, und ich merkte schnell: Die brauchen nicht mehr Spielzeug, sie brauchen mehr „uns“.
Die ersten Wünsche – und warum sie so besonders waren
Die Kinder waren sofort dabei. Jeder durfte ein paar Wünsche aufschreiben – oder diktieren, wenn das mit dem Schreiben noch nicht klappte. Und was da zusammenkam, hat mich ehrlich gesagt gerührt:
- „Mit Papa Picknick machen im Wohnzimmer.“
- „Einen Abend wach bleiben wie ein Großer.“
- „Im Schlafanzug zur Eisdiele gehen.“
- „Ein Spiel spielen, bei dem Papa verlieren muss.“
- „Papa liest eine Geschichte in einer Quatsch-Stimme.“
Diese Zettel – jeder einzelne – war ein kleiner Einblick in die Kinderköpfe. In ihre Sehnsucht nach Nähe, Spaß, Aufmerksamkeit. Und ganz ehrlich: Die meisten Wünsche kosteten nicht mal einen Cent. Manche brachten uns sogar zum Lachen, bevor sie überhaupt eingelöst wurden.
Einer lautete: „Papa soll tanzen wie ein Flamingo.“ Gut, dass es davon kein Video gibt. Oder doch?
So funktioniert das Ganze bei uns
Wir haben das Wunschglas fest in unseren Familienalltag integriert. Immer freitagabends, nach dem Zähneputzen, darf ein Zettel gezogen werden. Manchmal feiern wir das richtig mit einem kleinen Trommelwirbel oder einer Mini-Verlosung unter den Geschwistern. Und dann planen wir gemeinsam, wann der Wunsch eingelöst wird.
Manche Sachen machen wir direkt am Wochenende, andere schieben wir mal auf einen Ferientag. Aber: Jeder Wunsch wird erfüllt. Keine Ausreden. Auch nicht, wenn’s mal stressig ist – das ist unser Deal.
Wir haben sogar ein kleines Wunschbuch eingeführt, in dem wir die erfüllten Wünsche aufschreiben – mit Datum und manchmal einem Foto. Das ist inzwischen ein richtiger Familienschatz geworden.
Was das mit unseren Kindern gemacht hat
Ich will hier keine Super-Daddy-Vibes versprühen – bei uns geht’s oft genauso chaotisch zu wie bei dir wahrscheinlich auch. Aber dieses Glas hat was verändert. Es hat den Fokus weg von „Was schenken wir dem Kind?“ hin zu „Was erleben wir zusammen?“ verschoben.
Unsere Kids wissen: Papa nimmt sich Zeit. Nicht, weil er muss, sondern weil er will. Das stärkt Vertrauen, Nähe und gibt jedem Kind das Gefühl, wirklich gesehen zu werden. Besonders schön war der Moment, als meine Tochter sagte: „Ich mag das Wunschglas lieber als Geburtstag.“ Puh. Gänsehaut.
Und was es mit mir gemacht hat
Der vielleicht schönste Nebeneffekt: Auch ich bin runtergekommen. Ich bin im Wunschglas nicht der Animateur oder Bespaßer, sondern Teil des Spiels. Ich darf Blödsinn machen, lachen, auf dem Boden liegen, Lego-Rampen bauen, Witze vorlesen oder im Wohnzimmer zelten – ohne schlechtes Gewissen, ohne Zeitdruck. Das ist für mich fast wie kleine Papa-Therapie.
Außerdem hilft es mir, bewusster im Moment zu leben. Nicht nur funktionieren, sondern erleben. Und das Gefühl, gebraucht zu werden – nicht als Problemlöser, sondern als Papa zum Anfassen – ist unbezahlbar.
Varianten fürs Wunschglas – je nach Alter und Phase
Je nach Alter deiner Kinder kannst du das Wunschglas natürlich anpassen. Hier ein paar Ideen, wie das Ganze bei Minis, Grundschulkindern und Teens funktioniert:
Für die ganz Kleinen (2–4 Jahre)
- Mit Papa Seifenblasen machen
- Gemeinsam Tiergeräusche raten
- Eine Kissenschlacht im Bett
- Papa malt mit mir ein Bild
- Ein Buch dreimal hintereinander lesen (ja, dreimal!)
Und am besten alles mit viel Körperkontakt – Kuscheln, Kichern, Quatsch machen.
Für Grundschulkinder (5–9 Jahre)
- Zusammen einen Kuchen backen (und vom Teig naschen!)
- Papa erklärt mir, wie ein Fahrrad funktioniert
- Ein Tag ohne Uhr – wir machen einfach, worauf wir Lust haben
- Eine Nachtwanderung mit Taschenlampe (auch im Garten okay!)
- Gemeinsam eine Playlist mit unseren Lieblingssongs machen
Oft entstehen dabei Gespräche, die tiefer gehen, als man denkt – über Lieblingsfarben, Schulfreunde oder warum Dinosaurier cooler sind als Einhörner.
Für ältere Kids und Teens (10+ Jahre)
- Papa zeigt mir seine Lieblingsserie von früher (Hallooo, Knight Rider!)
- Gemeinsam was zocken – auch wenn Papa keine Ahnung hat
- Zusammen ein DIY-Projekt starten
- Übernachtungsparty nur mit Papa – Filme, Snacks, Quatsch
- Wir lernen einen Tanz und filmen uns dabei (TikTok lässt grüßen)
Hier darf’s ruhig etwas „peinlich cool“ werden – Hauptsache, gemeinsam.
Tipps für den Einstieg – ohne Druck, aber mit Herz
Wenn du jetzt denkst: „Klingt toll, aber krieg ich das wirklich hin?“ – keine Sorge. Du brauchst keine Bastel-Apps oder Pinterest-Künste. Einfach anfangen. Das erste Wunschglas darf schief beschriftet und schief beklebt sein. Es geht nicht um Perfektion, sondern um echte Zeit.
Ein paar Tipps, die bei uns geholfen haben:
- Weniger ist mehr: Starte mit 10–15 Zetteln – mehr braucht’s am Anfang gar nicht.
- Alle dürfen mitmachen: Lass dein Kind Wünsche einbringen – so wird’s persönlicher.
- Bleib verbindlich: Ein Wunsch ist ein Versprechen – also wirklich erfüllen.
- Mach Fotos: Halte die Momente fest – fürs Kind, aber auch für dich.
- Mach mit: Auch du darfst Wünsche einwerfen! So wird’s ein echtes Familienprojekt.
Und vor allem: Bleib locker. Manchmal klappt’s nicht auf Anhieb – dann wird eben ein neuer Wunsch gezogen. Oder der alte einfach vertagt.
Warum das Wunschglas mehr ist als nur ein Geschenk
Es ist ein Symbol. Für Nähe. Für Verlässlichkeit. Für ein Miteinander, das im Familienalltag manchmal untergeht. Gerade wir Papas sind oft im Funktionsmodus: Job, Haushalt, Termine. Das Wunschglas ist ein kleiner Reminder, regelmäßig aus diesem Modus auszubrechen und einfach da zu sein. Nicht perfekt, nicht durchgeplant – sondern mit ganzem Herzen.
Und wenn dein Kind irgendwann sagt: „Papa, lass uns mal wieder einen Wunsch ziehen“ – dann weißt du: Es war mehr als ein Marmeladenglas. Es war ein echtes Geschenk. Eins, das bleibt.