Ich sag’s, wie’s ist: Ich dachte, ich bin vorbereitet. Wickelkommode? Check. Fläschchen? Bereit. Playlist mit beruhigenden Einschlafliedern? Läuft. Ich hatte sogar den Timer auf dem Handy programmiert, um ja keine Fütterungszeit zu verpassen. Und dann kam sie: meine erste Nacht allein mit Baby. Ohne Mama. Nur ich, das Baby – und die dunkle Ahnung, dass das wohl alles andere als „easy peasy“ wird.
Die Übergabe: „Du schaffst das schon, Schatz“
Es fing noch ganz harmlos an. Meine Frau musste am nächsten Tag früh raus, also übernahm ich die Nachtschicht. In dem Moment war ich stolz wie Oskar. So ganz Papa, ganz heldenhaft. „Ich mach das. Schlaf du ruhig.“ Rückblickend weiß ich: Das war der Moment, in dem ich naiv den Helm aufgesetzt habe – für eine Nacht voller kleiner Explosionen.
Als die Tür sich hinter ihr schloss, war ich plötzlich Chef vom Dienst im Chaoszentrum. Der kleine Mensch in meinem Arm schaute mich an, als wollte er sagen: „Na dann, zeig mal, was du kannst.“ Ich grinste zurück – noch. Eine Stunde später war das Grinsen eher ein nervöses Zucken.
Schlaf? Nur was für Anfänger
Die erste Stunde war okay. Kuscheln, Fläschchen, ein bisschen glucksen – ich war innerlich schon kurz davor, mir ein imaginäres Papa-Abzeichen zu verleihen. Und dann, Punkt 23:17 Uhr, fing es an. Das Weinen. Kein leises, müdes Meckern. Nein. Eher wie ein Mini-Gong, der dir direkt ins Herz schlägt. Ich versuchte es mit allem: Schaukeln, Singen, Herumtragen im Halbdunkel, in der Hoffnung, das Baby denkt, es wäre noch im Mutterbauch.
Aber nichts. Mein Sohn schrie, als hätte er eine Verabredung mit dem Weltuntergang verpasst. Und ich? Ich googelte mitten in der Nacht: „Baby hört nicht auf zu schreien – was tun?“ Spoiler: Die Tipps waren nicht besonders hilfreich. Mein persönliches Highlight: „Bleiben Sie ruhig.“ Haha. Ja, klar. Als ob das so einfach wäre, wenn du das Gefühl hast, du wärst mitten in einem Live-Hörspiel namens „Panik auf dem Wickeltisch“.
Ich rannte mehrmals zwischen Schlafzimmer, Küche und Wickelkommode hin und her, auf der Suche nach dem einen magischen Gegenstand, der alles löst. War es der Schnuller? Die andere Milch? Der neue Strampler? Spoiler: Nein, war es nicht. Aber immerhin lernte ich in dieser Nacht, wie viele unterschiedliche Weintöne ein Baby draufhaben kann.
Wickeln im Halbschlaf – mit Hindernissen
Irgendwann – ich glaube, es war kurz vor zwei – roch es plötzlich verdächtig. Also: Wickeln. Im Halbschlaf. Mit einer Windel, die sich anfühlte, als hätte sie ihr eigenes Gewicht überschritten. Natürlich mit einem Baby, das dabei weiterbrüllt, als würde ich es in einen Eimer kaltes Wasser tauchen.
Ich hab’s trotzdem geschafft. Irgendwie. Auch wenn die neue Windel ein bisschen schief saß und ich beim Zukleben kurzzeitig an meinen handwerklichen Fähigkeiten zweifelte. Das Baby war immerhin wieder trocken. Ich war dafür klatschnass geschwitzt. Und ich hatte gelernt: Windelwechsel im Dunkeln ist ungefähr so schwierig wie Ikea-Möbel bauen mit verbundenen Augen.
Ich glaube, in dem Moment war ich kurz davor, mein altes Leben zu vermissen – weißt du, das ohne spontane Babyrülpser in der Frisur. Aber gleichzeitig war da auch dieser Stolz. Dieser „Ich hab das jetzt echt gemacht“-Moment. Ziemlich verschwitzt, aber irgendwie auch ziemlich Papa.
Der Moment der Ruhe – und des Versagens
Gegen halb vier wurde es plötzlich ruhig. Ich weiß nicht, ob ich ein Zauberlied gesungen oder einfach nur aufgegeben habe – aber das Baby schlief. Und ich? Ich setzte mich einfach auf den Boden neben das Bettchen. Zu müde, um aufzustehen, zu erleichtert, um mich zu bewegen.
Und genau da, in diesem absolut erschöpften Moment, fühlte ich mich zum ersten Mal richtig als Papa. Nicht, weil ich alles im Griff hatte. Sondern weil ich geblieben bin. Weil ich durchgehalten habe. Trotz Schweiß, Tränen und einer Windel, die am nächsten Morgen tatsächlich falschrum war.
In meinem Kopf liefen die letzten Stunden noch mal in Zeitlupe ab. Der Moment, in dem ich dachte, ich verliere die Nerven. Der Moment, in dem mein Sohn kurz seine Hand nach meinem Gesicht ausgestreckt hat, mitten im Schreien. Als würde er sagen: „Ich weiß, du gibst alles.“ Und das hat mich mehr berührt als jede durchgeschlafene Nacht.
Fazit: Eine Nacht wie ein Marathon – nur ohne Ziellinie
Wenn du mich fragst, wie meine erste Nacht allein mit Baby war, sag ich: Wie ein Marathon ohne Training. Ich hab geflucht, gezweifelt, geschwitzt – aber ich hab’s überlebt. Und mein Sohn auch. Wir haben einander kennengelernt. Und das war mehr wert als jede durchgeschlafene Nacht.
Ich hab gelernt, dass Vorbereitung gut ist – aber am Ende kommt es auf etwas anderes an: Präsenz. Da sein. Aushalten. Auch wenn man keine Ahnung hat, was man da eigentlich tut.
Würde ich es nochmal machen? Klar. Mit weniger Perfektionismus, mehr Humor – und vielleicht einer Thermoskanne Kaffee in Reichweite. Und ein frisches T-Shirt. Oder zwei.
Denn ja, es war hart. Aber es war auch ehrlich. Und irgendwie wunderschön in seiner ganzen chaotischen Unperfektheit.